77 – Schüchterne Kinder in der Kita begleiten

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Lea Wedewardt
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Inke Hummel

Wilde, laute Kinder stehen oft im Fokus pädagogischer Fachkräfte. Das ist auch nur zu verständlich, denn sie sind es oft, die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Oft vergessen werden jedoch die ruhigen, schüchternen Kinder. Sie sollen deshalb im Mittelpunkt dieser Podcastfolge stehen.

Mit meiner heutigen Gästin, Pädagogin und Expertin für das Thema Schüchternheit Inke Hummel werden wir in dieser Podcastfolge all eure Fragen zum Thema Schüchternheit beantworten.

Zum Beispiel gehen wir der Frage nach, was Schüchternheit eigentlich bedeutet, wie Schüchternheit begegnet werden kann und wie Kinder mit einem schüchternen Temperament durch pädagogische Fachkräfte unterstützt werden können. Auch die Frage zur Eingewöhnung schüchterner Kinder spielt eine Rolle.

Kontakt zu Inke Hummel: www.inkehummel.de
https://twitter.com/HummelFamilie
https://www.instagram.com/inkehummel/
https://www.humboldt.de/product/9783842616479/mein-wunderbares-schuechternes-kind

Kontakt zu mir: bo.kinderbetreuung@gmail.com Webseite: https://www.beduerfnisorientierte-kinderbetreuung.de/ BO Akademie: www.bo-akademie.de, kontakt@bo-akademie.de, Die Webinare der BO Akademie und das Methodenkarten-Set kann hier gebucht oder erworben werden. Instagram: @derkitapodcast, Facebookgruppe: „Bedürfnisorientierte Kinderbetreuung“

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64 – Woran erkenne ich eine gute Kita? Mit Saskia von der Kita St. Franziskus

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Lea Wedewardt
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Saskia Franz

Diesmal ist es etwas anders: Die Kita Leiterin Saskia Franz von der Kita St. Franziskus im Kirchtal und ich haben gemeinsam eine Folge aufgenommen und strahlen sie anschließend in zwei Podcasts parallel aus: einmal in ihrem eigenen Podcast „Getzwitscher aus dem Kindergarten“ und einmal hier im „Der Kita Podcast“. Wir sprechen gemeinsam darüber, was eine gute Kita ausmacht und woran man ihre Qualität auch als Außenstehender erkennen kann. Die Kita St. Franziskus hat im Jahr 2020 den 2. Platz beim Kita Preis gewonnen. Somit kann Saskia anhand der Qualitätskriterien erklären, woran eine gute Kita zu erkennen ist. Ich lasse in dieser Folge meine Erfahrung aus dem Qualitätsmanagement in Kitas mit einfließen und bringe meine Gütekriterien mit ein.

Du bist beispielsweise Fachkraft und willst wissen, ob eine Kita qualitativ hochwertig arbeitet um dort eventuell zu arbeiten? Oder du bist Mutter oder Vater und möchtest herausfinden, ob diese Kita gut genug ist für euer Kind? Dann ist diese Podcastfolge genau richtig für dich!

Viel Spaß beim Anhören!

Podcast „Getzwitscher aus dem Kindergarten“: https://open.spotify.com/show/4xNwbTVmJJBGkuyEGB1RNG

Kita St. Franziskus Webseite: https://im-kirchtal.de/

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Die Kitas öffnen wieder – ein Paket zum Wiedereinstieg

Wann wird es wohl so weit sein, wann öffnen die Kitas wieder und wie wird der Alltag dann wohl sein? Diese Fragen stellen sich viele Fachkräfte und Eltern. Es wird diskutiert über die Maßnahmen, ob sie angebracht sind oder nicht und wie sehr große und kleine Kinder darunter leiden. Eine Einschätzung zur Corona Lage von mir findet ihr im Artikel: „Coronamaßnahmen und das Leid der Menschenskinder„. Jede Krise ist eine Herausforderung und gleichzeitg bietet sie eine Menge Chancen. Pandemie ist, was wir draus machen meint auch Fea Finger in ihrem Podcast Fea’s naive Welt.

Viele Menschen sind am Ende ihrer Kräfte und sehnen sich händeringend nach einer Öffnung der Kitas. Manche bangen hingegen um den Moment der Öffnung weil sie nicht wissen, wie das eigene Kind diesen Wiedereinstieg verkraften wird. Sie haben die Familienzeit eigentlich genossen und wollen diese intensive Zeit nicht so gerne aufgeben.

Um sich selbst etwas klarer darüber zu werden, was wünsche ich mir für den Wiedereinstieg in die Kita, was brauchen Eltern und was pädagogische Fachkräfte, sind in diesem Artikel und in dieser Podcastfolge: „Was kommt nach Corona? Die Rückkehr der Kinder in die Kinderbetreuung bedürfnisorientiert gestalten“ Fragen aufgelistet, die sich ein jeder für die Rückkehr stellen kann. Sie sollen dazu anhalten, sich selbst und die Situation zu reflektieren, sich in die Kinder und Eltern einzufühlen sowie Verantwortung für sich und die einem anvertrauten Menschen zu übernehmen.

(Wieder-) Eingewöhnung

Zum Wiedereinstieg wird es unerlässlich sein, dass einige Kinder eine neue Eingewöhnung bekommen. Viel zu lange waren sie nicht mehr in der Alltagsroutine der Kita, kennen sich womöglich nicht mehr aus oder fremdeln sogar. Nicht zu vergessen, die Zeit im Lockdown fühlt sich für Kinder viel länger an als für Erwachsene. Wovon ausgegangen werden kann, ist, dass die Zeit für manche Kinder mit viel Unsicherheit und Orientierungslosigkeit verbunden war. Je nach Kind kann ein Abgeben ohne neue Eingewöhnung erneut Verunsicherung hervorrufen. Deshalb sollten pädagogische Fachkräfte äußerst sensibel auf die Bedarfe von Eltern und Kindern schauen und in Übergangsphasen Sicherheit vermitteln. Viele Träger haben die Verträge mit neuen Kindern verschoben, was dazu führt, dass nun, wenn wieder geöffnet wird, viele Eingewöhnungen und Wiedereingewöhnungen auf die pädagogischen Fachkräfte warten.

Um sich nochmal allgemein mit dem Thema Eingewöhnung zu beschäftigen, gibt es zwei Folgen des Kita Podcasts: „Bedürfnisorientierte Eingewöhnung begleiten“ mit Stefanie von Brück, die ich sehr empfehlen kann. Wie eine Eingewöhnung unter Corona Bedingungen möglich ist und was dabei beachtet werden sollte, ist im Artikel „Wenn die neuen Kinder und Eltern kommen“ von Anja Cantzler nachzulesen.

Um mehrere Eingewöhnungen gleichzeitig trotzdem achtsam und bedürfnisorientiert zu begleiten, gibt es die Möglichkeit einer Eingewöhnung in der Peergroup. Informationen gibt es dazu in meinem Der Kita Podcast, bei der Kita Talk von Anja Cantzler und im Podcast für Leitungkräfte von Tanja Köster.

Welche Herausforderungen bei der Wiedereingewöhnung zu bewerkstelligen sind, damit befasst sich Kathrin Hohmann im Gespräch mit Kathrin Krüger und Monika Thiel im nifbe Podcast: Herausforderungen der Wiedereingewöhnung in Krippe und Kita

Partnerschaft mit Eltern während und nach der Pandemie

Viele Eltern werden durch den Wiedereinstieg erleichtert sein, manche brauchen jedoch auch besondere Zuwendung. Der Lockdown hat an ihnen gezehrt, sie sind verunsichert und wünschen sich eine feinfühlige Unterstützung für sich und ihr Kind. Wie sehr Eltern in dieser Zeit Verständnis brauchen, wird im Kita Talk mit Fea Finger „Achtung vor Eltern in der Pandemie“ deutlich.

Welche Herausforderung die Partnerschaft mit Eltern in der Corona Zeit birgt, welche Bedürfnisse von Kindern, Fachkräften und Eltern besonders bedacht werden dürfen und welche kreativen Lösungen es für die Partnerschaft in Coronazeiten gibt, wird hier im Interview mit mir im Kita Talk von Anja Cantzler „Erziehungspartnerschaft im Ausnahmezustand“ aufgegriffen. Auch in Fea Fingers Podcast greift sie das Thema „Elternpartnerschaft unter Pandemiebedingungen“ auf

Wieder ankommen und Verarbeitung der Krisenzeit

Krisen verunsichern, Krisen fordern heraus und Krisen hinterlassen ihre Spuren. Davon dürfen Fachkräfte bei der Wiederaufnahme der Betreuung ausgehen. Sowohl Eltern als auch Kinder werden viel Redebedarf, das Bedürfnis nach Sicherheit, Struktur und Entlastung haben.

Wie es möglich ist, den Kindern den Wiedereinstieg in die Kita zu erleichtern, den Übergang zurück in die Einrichtungen so leicht wie möglich zu machen, kann im Artikel „Übergänge gestalten – (Wieder) Ankommen in der Kita“ nachgelesen werden.

Welche Möglichkeiten es gibt, um die Coronazeit mit Kindern aufzuarbeiten, darüber spricht Kathrin Hohmann im nifbe Podcast mit Prof. Dr, Iris Nentwig Gesemann: Wie können wir mit Kindern die Corona Krise bearbeiten?

Gerade jetzt können pädagogische Fachkräfte die eigene und die Resilienz der Kinder stärken. Die innere Widerstandskraft ist es, welche Menschen unversehrt durch unruhige Zeiten wie diese bringt. Resilienztrainerin Fea Finger erklärt in ihrer Podcastfolge: „Resilienzfaktoren, die wir gerade jetzt stärken dürfen“ wie uns das gut gelingen kann.

Was alle Eltern und Fachkräfte momentan in jedem Fall gebrauchen können, ist ganz viel Kraft für die Krise wie es in einem Interview vom Kita Talk mit Sandra von der Werkstatt der guten Gedanken heißt.

Ich wünsche Ihnen allen ganz viel Kraft, Zuversicht, Achtsamkeit für das Jetzt und der optimistische Blick nach vorne, dass diese Zeit auch etwas Gutes bereitshält.

Bleiben Sie gesund,

Lea Wedewardt

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28 – Fünf Fehlannahmen einer abgeschlossenen Eingewöhnung

Der Kita Podcast
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Lea Wedewardt

Während der Eingewöhnung werden manchmal Fehlannahmen getroffen, die eine abgeschlossene Eingewöhnung vermuten lassen. Es handelt sich allerdings häufig um Fehlinterpretationen der kindlichen Signale. Ich habe fünf mögliche Szenarien zusammengetragen, in denen manchmal solche Fehleinschätzungen einer abgeschlossenen Eingewöhnung getroffen werden. Viel Spaß beim Hören!

Grosch, Ch./ Schmidt-Kolmer, E. (1979): Untersuchungen in der DDR. In: Schmidt-Kolmer, E (Hrsg.): die soziale Adaption der Kindern bei der Aufnahme in Einrichtungen der Vorschulerziehung. Berlin: Volk und Gesundheit.

Beller, K. (2002): Eingewöhnung in die Krippe. Ein Modell zur Unterstützung der aktiven Auseinandersetzung aller Beteiligten mit Veränderungsstress. Frühe Kindheit. 2(5), S. 9-14.

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Ablenkung macht die Gefühle nicht weg!

In emotional angespannten Situationen verspüren wir Erwachsenen immer wieder den tiefen Drang, die Gefühle der Kinder weg zu machen, wegzuwischen, wegzuschieben. Wir lenken die Kinder ab. Eine Situation, in der Ablenkung beispielsweise häufig in der Kinderbetreuung beobachtet werden kann, ist die Abgabesituation am Morgen, wenn die Eltern die Kinder an die Fachkräfte übergeben. Diese Situation ist immer wieder mit vielen, zum Teil auch starken Emotionen verbunden. Manchmal verspüren wir den inneren Drang danach, die Gefühle der Kinder abzulenken, wenn sie traurig sind, hinfallen oder wenn sie wütend werden.

“Ist doch nicht so schlimm! Stehe wieder auf”, “war doch nichts. Guck mal da vorne sind deine Freunde. Die spielen schon, sie warten auf dich” oder “jetzt mach nicht so einen Aufstand, dann teilt ihr eben das Spielzeug”, “guck mal, hier ist doch der Ritter, den du vorhin haben wolltest und die Ritterburg ist jetzt auch frei!”

Wir verfolgen mit der Ablenkung von Gefühlen meist unbewusst ein bestimmtes Ziel: die Gefühle der Kinder so schnell wie möglich zu stoppen. Das gelingt manchmal auch erstmal gut, die Kinder beruhigen sich für einen Moment. Wir dürfen jedoch nicht dem Trugschluss unterliegen, Sie würden sich beruhigen weil sie sich getröstet fühlen, das Gefühl verstehen und sich gut regulieren können, sondern weil sich dahinter schmerzhafte Botschaften verbergen:

das, was du fühlst, ist falsch!

du bist nicht richtig!

du sollst dich ändern!

Das Kind hat das Gefühl in Zusammenhang mit der Situation also nicht verarbeitet und integriert (vgl. Siegel 2017), sondern heruntergeschluckt, verdrängt und aufgeschoben. Wenn das Kind keinen anderen Weg findet, die aufgestaute Anspannung im Körper loszuwerden z.B. durch Bewegung, entlädt sie sich womöglich zu einem späteren Zeitpunkt entweder noch in der Kita oder zu Hause. Das sind die Momente, in denen Kinder zusammenbrechen, wütend werden, andere Kinder vermeintlich grundlos ärgern, Fachkräfte “provozieren”, nicht hören oder ähnliches. Das ist der Moment, in dem die Aggression und Wut nicht mehr nur punktuell zum Vorschein kommt, sondern geladen in einer Dichte, die unkontrolliert ist.

Warum wollen wir dann eigentlich die Gefühle ablenken?

Wir sind in emotionsreichen Situationen immer auch mit unseren eigenen Gefühlen konfrontiert. Unsere eigenen Kindheitserfahrungen, unsere eigenen Wünsche, unsere eigenen Erwartungen an uns selbst und auch unsere verinnerlichten, verdrängten Traumata treten unbewusst in Erscheinung, wollen gesehen und verarbeitet werden. Höre dazu auch gerne die Podcastfolge Warum pädagogische Fachkräfte sich mit ihren Kindheitserfahrungen und Glaubenssätzen auseinandersetzen sollten.

Wenn es zum Beispiel um den Abschiedsschmerz am Morgen geht, kann es sein, dass wir mit einer Trauer konfrontiert sind, die wir womöglich selbst nicht verarbeitet haben. Es kann sein, dass unsere eigene Betreuungsbiografie relevant wird, wie wir selbst in der Kita abgegeben wurden, wie wir verabschiedet wurden, welchen Schmerz wir dabei erlebt haben und wie wir Trost erhalten haben. In den Abschiedssituationen können negative Erlebnisse und damit verknüpften schmerzhaften Gefühle unbewusst zu Tage treten. Weil wir diesen Schmerz jedoch nicht spüren wollen, verdrängen wir die Gefühle schnell, verschieben sie und lenken sie stellvertretend beim Kind ab.

Um diesem Teufelskreis zu entkommen, ist es notwendig, die eigenen Gefühlsanteile zu reflektieren.

Reflexionsübung:

  • in welchen Momenten kannst du gut mit Gefühlen der Kinder oder auch der Eltern umgehen und in welchen Momenten weniger gut?
  • In welchen Momenten spürst du den Drang, Gefühle abzulenken?
  • Warum willst du diese Gefühle in dem Moment ablenken?
  • Was hat das eventuell mit dir selbst zu tun?
  • Was hat das vielleicht mit deiner eigenen Kindheit oder deiner Betreuungsbiografie zu tun?
  • Waren dir diese bestimmten Gefühle vielleicht nicht erlaubt?

Du kannst auch positive Glaubenssätze üben:

  • Jedes Gefühl darf sein. 
  • Wut darf sein, Trauer darf sein, Ärger darf sein, Neid darf sein, Ekel darf sein, Freude darf sein.
  • Es ist gut, wenn Kinder weinen
  • Es ist ok, wenn Kinder längere Zeit weinen.

Begleite die Kinder in ihrem Sein

Begleite die Kinder in ihren Gefühlen, in dem wie sie sind und sage dir, das Gefühl darf da sein! Vermittle die Botschaft an dich und das Kind, die Trauer darf da sein, die Wut darf da sein und ich bin bei dir! Es ist erlaubt, dass ein Kind zum Beispiel längere Zeit einfach auf deinem Schoß sitzt und weint. Du kannst ihm gut zureden und sagen: “ich bin da, es ist in Ordnung, dass du weinst, dass du traurig bist, das darf sein!”

Du brauchst dabei keine Angst zu haben, dass das Kind dann nicht mehr aufhört zu weinen. Wenn der Stress entladen ist, wird das Kind ganz von alleine wieder seinem Bedürfnis nach Autonomie und Spiel nachkommen und ganz von selbst vom Schoß hüpfen.

Ein Bedürfnis ist nur so lange aktiv, wie es unbefriedigt bleibt.

Das lässt sich rein physiologisch erklären. Durch die Tränen werden Stresshormone abgebaut und ausgeschwemmt. Sobald der Stress ausreichend entladen ist, werden keine Tränen mehr benötigt. Die Trauer darf also sein und das selbstbestimmte wieder aufstehen und Weiterspielen darf auch sein. Lass es geschehen!

Das bedeutet nicht, dass du mit dauerhafter ungeteilte Aufmerksamkeit beim trauernden Kind sein musst. Das wäre bei den aktuellen Rahmenbedingungen auch gar nicht möglich. Wenn aus deinem Herzen die Botschaft spricht, ich bin für dich da, du bist ok, du darfst so sein, wie du bist, ist es durchaus möglich, auch nebenbei etwas anderes zu tun. Auch die Art des Körperkontakts kann dem Kind immer wieder vermitteln, ich bin für dich da, du bist wichtig. Die Hand liegt z.B. auf der Schulter oder am Bein. Auch warme Worte können zwischendurch Wunder bewirken auch wenn ich mich währenddessen immer mal wieder um ein anderes Kind kümmere oder mit anderen Kindern spreche.

Siegel, D. J./ Bryson, T. P. (2017): Achtsame Kommunikation mit Kindern. 12 revolutionäre Strategien aus der Hirnforschung für die gesunde Entwicklung Ihres Kindes. Freiburg: Arbor Verlag.

Zum Weiterlesen:

Umgang mit der Wut der Kinder

Warum pädagogische Fachkräfte sich mit ihren eigenen Kindheitserfahrungen, Beziehungsmustern und Glaubenssätzen auseinandersetzen sollten

Zum Weiterhören:

Warum pädagogische Fachkräfte sich mit ihren eigenen Kindheitserfahrungen, Beziehungsmustern und Glaubenssätzen auseinandersetzen sollten


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27 – Bedürfnisorientierte Eingewöhnung Teil 2 – ein Interview mit Stefanie von Brück

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Stefanie von Brück

In dieser Podcastepisode spreche ich mit Stefanie von Brück über eine bedürfnisorientierte und bindungsstarke Eingewöhnung. In diesem zweiten Teil gehen wir unter anderem den Fragen nach, wie man es als pädagogische Fachkraft schafft, dass Eltern Vertrauen aufbauen können? Wir sprechen darüber, wer eigentlich den Abschiedsmoment gestaltet, warum Kinder in der Eingewöhnungsphase häufig weinen und diskutieren, ob es eine tränenfreie Eingewöhnung gibt.

Viel Spaß beim Hören.

Kontakte und Infos zu Stefanie von Brück:

Online-Fortbildung für pädagogische Fachkräfte am 22. August 2020 „beziehungsstarke Eingewöhnung leicht gemacht“ https://stefanievonbrück.de/kita-eingewoehnung-paedagogische-fortbildung/

1:1 Beratung für Eltern Happy Kita Start https://stefanievonbrück.de/happy-kita-start-erfolgsprogramm/

Instagram: https://www.instagram.com/stefanievonbrueck.de/:

Facebook: https://www.facebook.com/beziehungsstarkeKitaFamilien/

Zum Weiterhören und -lesen von Lea

1. Teil der Podcastfolge findest du hier: https://www.beduerfnisorientierte-kinderbetreuung.de/26-beduerfnisorientierte-eingewoehnung-teil-1-ein-interview-mit-stefanie-von-brueck

Link zum Weiterhören: https://www.beduerfnisorientierte-kinderbetreuung.de/19-eingewoehnung-in-der-peer-group

Zum Weiterlesen: Nützliches Wissen zur Eingewöhnung Teil 1 – Wissenschaftliche Erkenntnisse aus der Transitionsforschung

Zum Weiterlesen: Nützliches Wissen zur Eingewöhnung Teil 2 – fünf Fehlannahmen einer abgeschlossenen Eingewöhnung

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26 – Bedürfnisorientierte Eingewöhnung Teil 1 – ein Interview mit Stefanie von Brück

Der Kita Podcast
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Stefanie von Brück

In dieser Podcastepisode spreche ich mit Stefanie von Brück über eine bedürfnisorientierte und bindungsstarke Eingewöhnung. Wir betrachten in diesem ersten Teil die Sinnhaftigkeit von Eingewöhnungskonzepten und legen den Fokus auf die Bedürfnisse aller Beteiligten der Eingewöhnung: der Eltern, Kinder und Fachkräfte. Uns ist es dabei gelungen, etwas tiefer zu blicken und die möglichen emotionalen sowie persönlichen Anliegen während eines Eingewöhnungsprozesses unter die Lupe zu nehmen. Viel Spaß beim Hören.

Kontakte und Infos zu Stefanie von Brück:

Online-Fortbildung für pädagogische Fachkräfte am 22. August 2020 „beziehungsstarke Eingewöhnung leicht gemacht“ https://stefanievonbrück.de/kita-eingewoehnung-paedagogische-fortbildung/

1:1 Beratung für Eltern Happy Kita Start https://stefanievonbrück.de/happy-kita-start-erfolgsprogramm/

Instagram: https://www.instagram.com/stefanievonbrueck.de/:

Facebook: https://www.facebook.com/beziehungsstarkeKitaFamilien/

Zum Weiterhören und -lesen von Lea

Link zum Weiterhören: https://www.beduerfnisorientierte-kinderbetreuung.de/19-eingewoehnung-in-der-peer-group

Zum Weiterlesen: Nützliches Wissen zur Eingewöhnung Teil 1 – Wissenschaftliche Erkenntnisse aus der Transitionsforschung

Zum Weiterlesen: Nützliches Wissen zur Eingewöhnung Teil 2 – fünf Fehlannahmen einer abgeschlossenen Eingewöhnung

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Die Rückkehr der Kinder in die Kinderbetreuung bedürfnisorientiert gestalten – einige Fragen

Zu diesem Beitrag gibt es auch einen passenden Podcast

Nehmen wir mal an, in den nächsten Wochen öffnen die Krippen, Kindergärten und Tagespflegestätten wieder. Alle Kinder dürfen wieder in die Kinderbetreuung und alle Eltern dürfen ihre Kinder wieder in die Kinderbetreuung bringen.

Für mich stehen dabei einige FRAGEN im Raum, die ich euch als Fachkräfte, als Eltern aber insbesondere den Kindern gerne stellen würde.

Nehmt die Fragen gerne als REFLEXIONSGRUNDLAGE, um die Bedürfnisse und Perspektiven aller Beteiligten beim Wiedereinstieg berücksichtigen zu können.

Fragen an die Kinder

  • Möchtest du wieder in die Kinderbetreuung oder tut dir das Zuhausesein gut?
  • Vermissst du die Kita und freust dich wieder dort hin gehen zu können oder wird dir die Rückkehr schwer fallen?
  • Wäre ein schneller Wiedereinstieg für dich in Ordnung oder würde er dir etwas ausmachen?
  • Brauchst du eine gemächliche, allmähliche Wiedereingewöhnung?
  • Würde es dir helfen, erstmal ein paar Stunden in die Einrichtung zu kommen und die Zeit dort nach und nach auszuweiten?
  • Sollen Mama oder Papa zu Beginn einige Tage wieder mit in der Einrichtung bleiben? Würde dir das helfen?
  • Brauchst du für den Wiedereinstieg eine/n bestimmte BezugserzieherIn und ist diese/r zum Zeitpunkt der Rückkehr in der Einrichtung?
  • Würde es dir die Rückkehr erleichtern, wenn ein bestimmter Freund in der Einrichtung ist, wenn du wiederkommst?
  • Würde dir der Wiedereinstieg erleichtert, wenn du ein Übergangsobjekt (z.B. Kuscheltier, Schnuffeltuch) mitnehmen darfst
  • Was würde dir helfen, um den Wiedereinstieg leicht nehmen zu können?

Fragen an euch pädagogische Fachkräfte

  • Was kannst du tun, um den einzelnen Kindern den Wiedereinstieg zu erleichtern?
  • Was kannst du in der Raumgestaltung für Anreize schaffen, um die Ankunft der Kinder in die Kindertagesbetreuung spannend zu gestalten und damit zu erleichtern?
  • Was kannst du vorbereiten, um den Kindern möglichst viel Wiedererkennungswert in der Einrichtung zu bieten? bekannte Lieder, Reime, Abläufe usw.?
  • Kannst du flexible Wiedereingewöhnungen anbieten? Kannst du den Kindern je nach Alter, Charakter und Temperament eine individuelle Wiedereingewöhnungszeit einräumen, in der du als BezugserzieherIn ausschließlich für das Kind präsent bist?
  • Könnt ihr ermöglichen, dass die entsprechenden BezugserzieherInnen für die Kinder da sind, um ein Ankommen zu erleichtern?
  • Kannst du mit den Eltern ein Gespräch vereinbaren, in dem die Quarantäne-Zeit reflektiert und die Rückkehr des Kindes in die Einrichtung gemeinsam geplant wird?

Fragen an euch Eltern

  • möchtest du dein Kind wieder in die Kinderbetreuung bringen oder hast du das Zuhausesein genossen und möchtest etwas an der Betreuungssituation ändern?
  • möchtest du dein Kind wieder in die Einrichtung bringen oder musst du dein Kind wieder in die Einrichtung bringen?
  • Gibt es die Möglichkeit, den Wiedereinstieg in die Kinderbetreuung für dein Kind bedürfnisorientiert, flexibel, gemächlich und kindzentriert zu gestalten?
  • Kannst du dir dafür genügend Zeit einplanen? z.B. Urlaub nehmen?
  • Wie kannst du den Wiedereinstieg für dein Kind vorbereiten? Z.B. den Wiedereinstieg besprechen, von Freunden und den BezugserzieherInnen sprechen, ein Bild/ Brief für den/die ErzieherIn malen, etwas Gebasteltes aus der Quarantäne-Zeit mitbringen?

 

Was denkt ihr, welche Fragen sollten noch berücksichtigt werden, wenn die Kinder nach einer solch langen Zeit wieder in die Einrichtungen zurückkehren?

 

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Nützliches Wissen zur Eingewöhnung Teil 2 – fünf Fehlannahmen einer abgeschlossenen Eingewöhnung

Während der Eingewöhnung werden oft Fehlannahmen getroffen, die eine abgeschlossene Eingewöhnung vermuten lassen. Es handelt sich jedoch häufig um Fehlinterpretationen der kindlichen Signale. Hier eine Zusammenfassung von fünf möglichen Fehleinschätzungen einer abgeschlossenen Eingewöhnung:

1. Das Kind spielt ununterbrochen

Das Kind spielt während der Eingewöhnung beinahe ununterbrochen. Es ist so sehr damit beschäftigt den Raum und die Spielsachen zu erkunden, dass es die Abschiede der Bezugsperson kaum wahrnimmt. Aus diesem Grund springt das Bindungsverhaltenssystem nicht oder kaum an. Das Interesse für das Neue steht in dem Moment im Zentrum und über der Trauer und dem Verlust der Bindungsperson. Man hat das Gefühl, das Kind bräuchte keine Eingewöhnung mehr. 

Das ändert sich jedoch, sobald der Raum ausreichend erkundet wurde und eine erste Langeweile aufkommt. Wenn die Bindungsperson für lange Zeit weg bleibt, kann der Abschiedsschmerz wieder aufflammen.

2. das Kind ist offen, zugänglich und kommunikativ

Die Fachkräfte freuen sich, wie offen, zugänglich und kommunikativ das Eingewöhnungskind ist. Schon vor der Eingewöhnung wird von vielen Seiten vermutet, dass das Kind schnell eingewöhnt sein wird. Dieses offene Verhalten zeigt das Kind allerdings nur, wenn die Bindungsperson (Mutter oder Vater) anwesend ist oder nur für kurze Zeit den Raum verlässt.

Dann kommt die Vermutung auf, die Eingewöhnung würde nicht lange dauern. Man bekommt als Fachkraft schnell den Eindruck, die Eingewöhnung sei fast abgeschlossen.

Der Fokus der Beobachtung in der Eingewöhnung sollte jedoch nicht auf den Momenten liegen, in denen die Mutter oder der Vater mit dabei sind, sondern vielmehr auf den Reaktionen des Kindes, wenn die Bezugsperson den Raum verlässt. Kann das Kind dann seine offene, kommunikative, zugängliche Art behalten oder wird es verschlossener, gehemmter und spielt weniger?

Diese offenen kommunikativen Kinder sollten über längere Zeit weiter beobachtet werden, um herauszufinden, ob die Eingewöhnung für sie tatsächlich abgeschlossen ist.

3. Die Trauerphase des Kindes setzt später ein

Es gibt Kinder, die reagieren während der Eingewöhnung nur wenig auf die Trennungen von ihren Bezugspersonen. Die Eingewöhnung scheint sehr gut zu laufen. Das Kind kann sich ohne große Widerstände zu zeigen, von seiner Bindungsperson trennen. Die Eingewöhnung scheint schnell zu gehen. Auch wenn die Eltern nach der Trennung wiederkommen, freut sich das Kind und begrüßt sie.

Es kann bei diesem Kind sein, dass der Trauerprozess erst später einsetzt. Vorher augenscheinlich „einfach“ einzugewöhnende beginnen plötzlich viel zu weinen, zu wüten, werden aggressiver, beginnen zu beißen, werden anhänglicher.

Kinder, die eher abrupt eingewöhnt werden, zeigen häufig erst später Gefühle der Trauer so Beller (2002) in seiner Studie zur Eingewöhnung von Kindern. Lies dazu auch gerne meinen Blogartikel: Nützliches Wissen zur Eingewöhnung Teil 1: Wissenschaftliche Erkenntnisse aus der Transitionsforschung : https://www.beduerfnisorientierte-kinderbetreuung.de/nuetzliches-wissen-zur-eingewoehnung-wissenschaftliche-erkenntnisse-aus-der-transitionsforschung

Wenn der Trauerprozess des Kindes erst später einsetzt, kann es unter Umständen Sinn machen, die Eltern nochmal dazuzuholen und die Eingewöhnung zurückzuschrauben. Dazu ist eine auf das Kind und die individuelle Situation abgestimmte Entscheidung zu treffen.

4. Das Kind spielt nicht

Die Eingewöhnung scheint abgeschlossen zu sein, denn das Kind weint nur kurz bei der Übergabe, beruhigt sich dann aber schnell. Oft heißt es, das seien die Kriterien für eine abgeschlossene Eingewöhnung.

Es ist allerdings wichtig, das Kind über den gesamten Tag hinweg zu beobachten. Wenn auffällig ist, dass das Kind..

  1. viel (vor sich hin) jammert
  2. das Kind kaum oder gar nicht spielt
  3. viel schnullert
  4. dauerhaft auf den Arm genommen werden will

… dann ist die Eingewöhnung für das Kind noch nicht abgeschlossen. Es zeigt Stresszeichen, die auf ein erhöhtes Stresslevel hinweisen. Die Eltern sollten darauf hin informiert und wieder dazugeholt werden.

Zum Wohle des Kindes sollte dann eine gemeinsame Lösung gefunden werden zum Beispiel:

  • Eingewöhnung zurückdrehen
  • Krippenbesuch nach hinten verschieben
  • kürzere Trennungszeiten
  • Wenn keine Lösung mit den Eltern gefunden werden kann, das Kind durch intensiven Körperkontakt mit der Krippenerzieherin darin unterstützen den Stress zu regulieren. Das Kind sollte dabei so wenig wie möglich abgesetzt werden. Eine Erleichterung bietet dabei eine Babytrage. Darin fühlen sich die Kinder sicher.

5. Das Kind ist unsicher vermeidend an die Eltern gebunden

Das Kind scheint mit der Eingewöhnung keine Schwierigkeiten zu haben. Die Eltern verlassen den Raum ohne dass das Kind weint. Sie kommen wieder und das Kind spielt einfach weiter ohne die Eltern zu beachten. Es scheint ein Kind zu sein, dass sich problemlos an die Situation anpassen kann. 

Darin liegt jedoch die Tücke. Es kann sein, dass das Kind unsicher vermeidend an seine Eltern gebunden ist. In der Bindungsforschung ist das eine unsichere Bindungsqualität, die sich daran erkennen lässt, dass Kinder trotz innerer Anspannung diese nicht nach außen tragen. 

Zum Beispiel: wenn das Kind in der Eingewöhnung beim Abschied durch die Bezugsperson Angst, Trauer oder inneren Stress verspürt, kann es sie dennoch nicht nach außen tragen. Das Kind versucht, diese negativen Gefühle zu vermeiden, „herunterzuschlucken“. Es hat die Erfahrung gemacht, dass es seine tatsächlichen Gefühle lieber verdrängen sollte.

Man weiß allerdings aus der Bindungsforschung, dass Kinder, die unsicher vermeidend gebunden sind, innerlich am meisten Stress verspüren. Der Cortisolwert im Blut ist sehr hoch obwohl sie nach außen hin wenig gestresst wirken. 

In der Eingewöhnung lässt sich eine unsicher vermeidende Bindungsqualität meist daran erkennen, dass die Kinder beim Abschied der Eltern keine Bindungszeichen zeigen (Weinen, Klammern, Arme hoch, winken o.ä.). Noch deutlicher wird die unsicher vermeidende Bindungsqualität bei der Wiederkehr der Bezugsperson. Das Kind zeigt dann keine Freude über die Wiederkehr, meidet den Blickkontakt zur Bezugsperson, wendet sich eher ab und spielt weiter.

Wenn das Kind unsicher vermeidend gebunden ist, ist es umso wichtiger, dass die Eingewöhnung behutsam und ausgedehnt durchgeführt wird. Die betreuende Fachkraft kann dann die vermuteten Gefühle des Kindes spiegeln und verbalisieren:

“deine Mama geht jetzt. Vermutlich bist du traurig darüber?”

“macht es dir ein wenig Angst wenn dein Papa geht?” 

“das können wir gut verstehen”

“wir passen auf dich auf und trösten dich”

“wenn du magst, darfst du zu mir kommen und ich nehme dich in den Arm”

Eine bedürfnisorientierte kurze Eingewöhnung gibt es auch!

Selbstverständlich kann es auch sein, dass Eingewöhnungskinder und die Bezugspersonen sich gut voneinander lösen können. Das Kind ist offen, fasst schnell Vertrauen zu einer Bezugsperson und trauert kaum beim Abschied von der Bezugsperson. Die Eltern können ebenfalls gut loslassen und hadern kaum mit der Trennung von ihrem Kind. Bei weiterer Beobachtung des Kindes lässt sich feststellen, dass die Trennung auch langfristig für es in Ordnung ist.

Unter diesen Voraussetzungen kann es sein, dass eine Eingewöhnung auch bedürfnisorientiert kurz sein kann!

Wir sollten uns jedoch immer vor Augen halten, dass eine für die Bedürfnisse des Kindes nicht ausreichend gestaltete Eingewöhnung dazu führen kann, dass das Kind häufiger krank ist, viel jammert und es in seiner Entwicklung beeinträchtigt wird (Grosch/ Schmidt-Kolmer (1979).

Grosch, Ch./ Schmidt-Kolmer, E. (1979): Untersuchungen in der DDR. In: Schmidt-Kolmer, E (Hrsg.): die soziale Adaption der Kindern bei der Aufnahme in Einrichtungen der Vorschulerziehung. Berlin: Volk und Gesundheit.

Beller, K. (2002): Eingewöhnung in die Krippe. Ein Modell zur Unterstützung der aktiven Auseinandersetzung aller Beteiligten mit Veränderungsstress. Frühe Kindheit. 2(5), S. 9-14.


Dir hat der Artikel gefallen und du möchtest mir deine Wertschätzung ausdrücken? So würde ich mich über eine Spende freuen. Ich schreibe alle Artikel ehrenamtlich und bin dankbar für deine Unterstützung.

Nützliches Wissen zur Eingewöhnung Teil 1 – Wissenschaftliche Erkenntnisse aus der Transitionsforschung

Es wird immer noch häufig davon ausgegangen, dass Kinder sich sehr schnell in die Krippe eingewöhnen können. Man hört noch häufig, es wären nur die Eltern, die Angst hätten und nicht loslassen könnten.

Viele Eltern und Fachkräfte sprechen immer wieder voller Stolz darüber, dass Kinder bereits nach kurzer Zeit eingewöhnt seien:

“mein Kind brauchte fast keine Eingewöhnung”

“nach einer Woche war die Lisa schon eingewöhnt”

“der Ben wird nicht lange brauchen. Er ist ein so offenes freundliches Kind”

Es scheint häufig immer noch so zu sein, als würde eine schnelle Eingewöhnung als ein Qualitätsmerkmal der pädagogischen Fähigkeit der Fachkraft und der Charakterstärke des Kindes gesehen werden. Im Umkehrschluss bleibt immer wieder das Gefühl zurück, ein Kind, das lange braucht, sei eher schwierig.

Die Wissenschaft ist sich jedoch einig darüber, dass die Eingewöhnung von Kindern sehr gemächlich, individuell und mit viel Zeit durchgeführt werden sollte.

Was sagt die Kindheitsforschung zur Eingewöhnung?

  • Die Trennung der Kinder von ihren Eltern, die durch eine Eingewöhnung gefordert wird, gilt als der “wichtigste Stressor in der frühen Kindheit” (Griebel/ Niesel, 2016). Das heißt, die Eingewöhnung ist ein bedeutend einschneidendes Erlebnis für ein Kind, das mit Stress verbunden ist.
  • Der Eintritt in eine Kindertagesstätte wird für viele Kinder als belastend erlebt (Ahnert, 2004).
  • Die Trennung von vertrauten Bezugspersonen erzeugt bei Kindern einen deutlichen Anstieg des Stresshormons Cortisol (Ahnert, 2004). Das heißt, die Kinder sind nachweislich deutlich Stress belastet während der Eingewöhnung. Auch wenn die Stressbelastung nicht durch äußere Merkmale gesehen werden konnte, so konnte sie in Cortisolmessungen nachgewiesen werden.
  • Die Wiener Krippenstudie zeigt, dass die Eingewöhnung für Kinder mit großen emotionalen Belastungen verbunden ist. “So drohen Kinder von belasteten Gefühlen der Angst, des Verlorenseins, der Verzweiflung oder auch der Wut überschwemmt zu werden, ohne eine Möglichkeit zu haben, sich von diesen Gefühlen zu befreien” (Datler/ Hover-Reisner/ Fürstaller, 2010, S.161). Kinder sind also mit einer Achterbahn der Gefühle konfrontiert. Sie können sich ohnmächtig, hilflos, allein gelassen und verloren fühlen. Sie haben keine Möglichkeit zu überblicken, wann die Bezugsperson wiederkommt, wann Erleichterung eintritt.
  • In der Wiener Krippenstudie wird auch deutlich, dass die Dauer der Eingewöhnung in einem viel größeren Umfang sein müsste als bisher gedacht, um den individuellen Bedürfnissen der Kinder und Eltern gerecht zu werden (Datler/ Hover-Reisner/ Fürstaller, 2010).
  • Abrupt eingewöhnte Kinder zeigen in den ersten 18 Tagen weniger Stress und negative Gefühle als Kinder, die gemächlich eingewöhnt wurden. Grund dafür ist, dass allmählich eingewöhnte Kinder mehr Möglichkeiten hatten, sich aktiv mit dem Trennungsprozess auseinanderzusetzen. Abrupt eingewöhnte Kinder waren hingegen in ihrem Gefühlsausdruck gehemmter. Langfristig weinten jedoch die allmählich eingewöhnten Kinder seltener als abrupt eingewöhnte Kinder. Sie ließen sich zudem besser trösten und zeigten weniger Unwohlsein (Beller, 2002). Das bedeutet, je langsamer ein Kind eingewöhnt wird, desto mehr Möglichkeit hat es, die Bandbreite an aufkeimenden Gefühlen zu durchleben und zu verarbeiten. Bei guter Begleitung und ausreichender Tröstung zeigen Kinder der langsamen Eingewöhnung später dann weniger Stimmungsschwankungen und sind stabiler.
  • Eine für die Bedürfnisse des Kindes nicht ausreichend gestaltete Eingewöhnung kann dazu führen, dass das Kind häufiger krank ist, viel jammert und es in seiner Entwicklung beeinträchtigt wird (Grosch/ Schmidt-Kolmer (1979). Die Art der Eingewöhnung wirkt sich folglich auf die Gefühls- und Gesundheitslage eines Kindes in der Einrichtung aus. Wenn man sich bei der Eingewöhnung mehr Zeit lässt, wird das Kind später weniger Jammern, Weinen,aggressiv sein und ist seltener krank.

Es wird also deutlich, dass die Eingewöhnung eines Kindes nicht mal eben so nebenbei zu bewältigen ist. Kinder und Eltern brauchen Raum, Zeit, viel Verständnis und Zuwendung, um sich auf die neue Situation einstellen zu können. Die Trennung zwischen Mutter und Kind oder Vater und Kind sollte individuell, behutsam und mit viel Zeit gestaltet werden.

Dabei stehen die Bedürfnisse des Kindes aber auch der Eltern im Zentrum der Aufmerksamkeit

Literaturangaben

Ahnert, L. et. al. (2004): Transition to Child Care: Association With Infant-Mother Attachement, Infant Negative Emotion and Cortisol Elevation. In: Child Development. 75, S. 639-650.

Beller, K. (2002): Eingewöhnung in die Krippe. Ein Modell zur Unterstützung der aktiven Auseinandersetzung aller Beteiligten mit Veränderungsstress. Frühe Kindheit. 2(5), S. 9-14.

Datler, W., Hover-Reisner, N., Fürstaller, M. (2010): Zur Qualität von Eingewöhnung als Thema der Transitionsforschung. Theoretische Grundlagen und forschungsmethodische Gesichtspunkte unter besonderer Bezugnahme auf die Wiener Krippenstudie. In: BeckerStoll, F., Kalicki, B., Berkic, J. (Hrsg.): Bildungsqualität für Kinder in den ersten drei
Lebensjahren. Cornelsen: Berlin, 158-167

Griebel, W. /Niesel, R. (2016): Übergänge verstehen und begleiten. Transitionen in der Bildungslaufbahn von Kindern. Berlin: Cornelsen.

Grosch, Ch./ Schmidt-Kolmer, E. (1979): Untersuchungen in der DDR. In: Schmidt-Kolmer, E (Hrsg.): die soziale Adaption der Kindern bei der Aufnahme in Einrichtungen der Vorschulerziehung. Berlin: Volk und Gesundheit.


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